Dieser in entscheidenden Passagen unrichtige Beitrag weckt leider unbegründete Hoffnungen bei rauchgeplagten Nichtrauchern, sie könnten von Hausverwaltungen (oder Vermietern) rauchenden Parteien einfach das Rauchen untersagen lassen. Wir führen im Folgenden die unrichtigen Aussagen auf und empfehlen, den Beitrag von Ihrer Rechtsabteilung berichtigen zu lassen.
1. Nicht richtig ist: „In dem Urteil Az. V ZR 110/14 verpflichtete der Bundesgerichtshof im Jahr 2017 eine Berlinerin zu rauchfreien Zeiten. Demnach darf sie sich zwischen 20 Uhr und 6 Uhr auf dem Balkon ihrer Mietwohnung keine Zigarette mehr anzünden.„
Richtig ist: In dem von Ihnen genannten Urteil gab der Bundesgerichtshof 2015 der Revision eines nichtrauchenden Ehepaares aus Premnitz/Brandenburg gegen ein Urteil des Landgerichts Potsdam statt und verwies das Verfahren zurück ans Landgericht.
Das Verfahren von 2017 fand dagegen vor dem Amtsgericht Berlin-Lichtenberg statt und endete mit einem Vergleich, der eine Regelung zu Nichtrauch- und Rauchzeiten beinhaltete. Die Presse berichtete darüber. Es ging auch weniger ums Rauchen in der Wohnung der Beklagten, sondern auf ihrem Balkon.
2. Nicht richtig ist: „Rauchen auf dem Balkon einer Eigentumswohnung ist nur so lange gestattet, wie sich keiner beschwert. Stört der Raucher Nachbarn, muss sich der Eigentümer einen anderen Platz suchen, um sich seine Zigarette anzuzünden. Ansonsten begeht er eine Ordnungswidrigkeit.“
Richtig ist: Eine Ordnungwidrigkeit ist ein Verstoß gegen eine gesetzliche Regelung. Rauchen in der Wohnung oder auf Balkonen ist nicht gesetzlich geregelt, weder für Eigentumswohnungen noch für Mietwohnungen. Daher stellt Rauchen dort auch in keinem Fall eine Ordnungswidrigkeit dar. Eigentümer können, wenn sie sich durch Nachbarschaftsrauch belästigt fühlen, der rauchenden Partei eine Unterlassungsaufforderung zukommen lassen. Auch dabei wird man den Rauchern nicht das Rauchen in ihrem Wohneigentum verbieten können, sondern entweder eine Zeitenregelung anbieten oder einen anderen Platz zum Rauchen vorschlagen (z.B. einen gegebenenfalls zweiten Balkon, eine weiter entfernte Stelle auf einer Terrasse, ein anderes Zimmer in einer Wohnung o. dgl.) Falls keine Unterlassungserklärung abgegeben wird, können die Nichtraucher versuchen, ihren Anspruch durch eine Einigung bei einer Schiedsstelle oder durch einen Vergleich oder ein Urteil bei einem Gericht durchzusetzen. Als Ahndung bei Verstößen gegen die Einigung, den Vergleich oder das Urteil kann ein Ordnungsgeld (oder ersatzweise Ordnungshaft) bestimmt werden.
3. Missverständlich ist: „Als Mieter kann das übermäßige Rauchen auf dem Balkon sogar ernsthafte Konsequenzen haben. Werden Nachbarn von exzessivem Rauchen belästigt und hört der Mieter mit dem Rauchen nicht auf, riskiert er die Kündigung seiner Wohnung. Die aktuelle Rechtslage ist grundsätzlich auf der Seite der Mieter, die sich belästigt fühlen und besagt, dass man exzessiv rauchende Nachbarn nicht hinnehmen muss.“
Richtig ist: Ob exzessives Rauchen von Mietern jemals zur Kündigung ihrer Wohnung geführt hat, ist fraglich. Im sehr bekannten Fall des Düsselsorfer Rauchers Friedhelm Adolfs, der für zahlreiche Schlagzeilen in der Presse sorgte, war die Kündigung letztlich nicht erfolgreich. Der inzwischen verstorbene Raucher konnte in seiner Wohnung bleiben.
Mieter haben die Möglichkeit, ihre Miete wegen starker Rauchbelästigung zu kürzen, werden jedoch damit rechnen müssen, vom Vermieter deswegen verklagt zu werden. Dann entscheidet das Gericht über die Berechtigung zur Kürzung. Außerdem können Mieter, genauso wie Eigentümer, Unterlassung von der rauchenden Partei verlangen. Falls die Sache vor Gericht kommt und eine wesentliche Beeinträchtigung glaubhaft gemacht werden kann, werden üblicherweise Nichtrauch- und Rauchzeiten vereinbart bzw. festgelegt. Der Bundesgerichtshof verlangt nämlich in seiner Entscheidung von 2015, dass die Beeinträchtigung wesentlich sein muss, und schlägt in diesem Fall eine Gebrauchsregelung nach Zeitabschnitten vor:
https://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&nr=71044&pos=0&anz=1
Unserer Erfahrung nach ist die aktuelle Rechtslage nicht grundsätzlich auf der Seite von Mietern, die sich belästigt fühlen. Belästigte Mieter sind nicht selten mit ihren Klagen gescheitert, weil die Richter die wesentliche Beeinträchtigung durch Tabakrauch nicht für erwiesen hielten.