03.12.2024 Die EU-Mitgliedstaaten haben heute eine weitreichende Empfehlung über rauch- und aerosolfreie Umgebungen beschlossen. Sie sieht einen wirksamen Nichtraucherschutz nicht nur in Innenräumen vor, sondern auch an Orten im Freien, an denen Menschen auf engem Raum zusammenkommen.
Pro Rauchfrei begrüßt sehr, dass die Mitgliedstaaten der EU beim heutigen Rat „Beschäftigung, Sozialpolitik, Gesundheit und Verbraucherschutz“ eine neue Empfehlung über rauch- und aerosolfreie Umgebungen beschlossen haben.
Die Empfehlung entspricht unseren langjährigen Forderungen für eine Verbesserung des Nichtraucherschutzes im öffentlichen Raum. Das ist überfällig. Gesundheit und Freiheit der Nichtraucher müssen endlich Vorrang bekommen. Der öffentliche Raum gehört nicht der Tabakindustrie. Die Freiheit zu rauchen endet dort, wo andere geschädigt werden.
Das gilt in geschlossenen Räumen ebenso wie im Freien. Wissenschaftliche Studien belegen, dass die Belastung durch Tabakrauch auch im Freien gesundheitsgefährdend sein kann. Eine Auswahl wissenschaftlicher Studien hierzu listen wir am Ende dieses Beitragsi auf.
Die Zusammensetzung des toxischen Rauchs und der Aerosole unterscheidet sich im Freien nicht von der in Innenräumen. Rauch und Aerosole bilden Schwaden, die in Abhängigkeit von Windrichtung und Entfernung eine stärkere oder schwächere Konzentration erreichen. Zudem kann der Rauch auch durch geöffnete Türen und Fenster in eigentlich bereits rauchfreie Innenbereiche ziehen und dort zu einer Schadstoffbelastung führen. Dies kann erhebliche Gesundheitsgefährdungen bewirken, insbesondere für Asthmatiker, Herzpatienten sowie Personen mit vorgeschädigter Lunge. Es gibt kein unbedenkliches Niveau der Belastung durch Tabakrauch, auch nicht im Freien. Ein Grenzwert für die Toxizität des Tabakrauchs in der Umgebungsluft lässt sich nach den wissenschaftlichen Erkenntnissen nicht festsetzen. Schon kleine Mengen, die passiv eingeatmet werden, können z.B. Tumorwachstum begünstigen.
Wir begrüßen auch, dass der Nichtraucherschutz für alle Rauch oder Aerosole emittierenden Produkte empfohlen wird, wie z. B. Tabakerhitzer, E-Zigaretten, Tabakersatzstoffe, pflanzliche Raucherzeugnisse. In Deutschland muss dies angesichts der erfolgten Legalisierung auch für Cannabis gelten. Es ist wichtig, klare, einheitliche Regelungen für alle gesundheitsschädlichen Emissionen zu treffen. Nur so kann ein umfassender und effektiver Schutz gewährleistet werden.
Die Mitgliedstaaten sollen nach der Empfehlung nationale Strategien und Programme zur Gewährleistung eines wirksamen Schutzes vor der Belastung durch Tabakrauch und Aerosole in der Umgebungsluft entwickeln. Wir appellieren an die künftige Bundesregierung, dies zügig anzugehen. Die Verbesserung der Tabakpolitik muss in der nächsten Legislaturperiode Priorität haben. (Passiv-)Rauchen ist das größte vermeidbare Gesundheitsrisiko. Ungefähr alle vier Minuten stirbt in Deutschland ein Mensch durch Tabakrauch. Rauchen verursacht dem Gesundheitswesen und der Volkswirtschaft jährliche Kosten in Höhe von 97 Milliarden Euro. Es ist dringend notwendig, hier mit einer besseren Gesundheitsprävention gegenzusteuern, wie von den EU-Mitgliedstaaten empfohlen.
Nach der Empfehlung soll ein vollständiger Nichtraucherschutz ohne Ausnahmen für Raucherräume gewährleistet werden
• an allen Arbeitsplätzen in geschlossenen Räumen,
• in allen geschlossenen öffentlichen Räumen, und
• in allen öffentlichen Verkehrsmitteln.
Zudem soll ein Rauchverbot im Auto erwogen werden, wenn Minderjährige oder andere schutzbedürftige Personen mitfahren.
Darüber hinaus wird ein Rauchverbot auch im Freien an Orten empfohlen, an denen Menschen auf engem Raum zusammenkommen. Dazu zählen:
• Außengastronomie,
• Freizeitbereiche wie öffentliche Spielplätze, Freizeitparks, Schwimmbäder, Strände, Zoos,
• Haltestellen, einschließlich Bus-, Straßenbahn- und Bahnhaltestellen und Flughäfen,
• Außenbereiche, die mit Einrichtungen des Gesundheitswesens verbunden sind (Krankenhäuser, Kliniken, Gesundheitszentren, Pflegeheime und ähnliche Einrichtungen),
• Außenbereiche, die mit Einrichtungen, in denen Kinder und junge Menschen unterrichtet und ausgebildet werden, verbunden sind (Vorschuleinrichtungen, Grund- und Sekundarschulen, Berufsbildungs- und Ausbildungseinrichtungen, Hochschulen, Jugendzentren und ähnliche Einrichtungen),
• Außenbereiche, die mit einem Arbeitsplatz verbunden sind,
• Orte, an denen Freiluftveranstaltungen stattfinden, Freilichtbühnen, Zuschauerbereiche bei öffentlichen Veranstaltungen und Bereiche öffentlich zugänglicher Gebäude, die stark frequentiert sein dürften (z. B. Eingangsbereiche von Einkaufszentren, Innenhöfe öffentlich zugänglicher Gebäude).
i Quellen zum Passivrauchen in Außenbereichen
- E. Henderson et al., Secondhand smoke exposure assessment in outdoor hospitality venues across 11 European countries, Environmental Research 200 (2021) 111355. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/34022230/ (Die derzeitigen Beschränkungen in Gastro-Außenbereichen in ganz Europa haben nur eine begrenzte Schutzwirkung und rechtfertigen die Einführung eines vollständigen Rauchverbots in Außenbereichen von Gaststätten.)
- Tong, M., Goodman, N. & Vardoulakis, S. Impact of secondhand smoke on air quality in partially enclosed outdoor hospitality venues: a review. BMC Public Health 24, 1872 (2024). https://doi.org/10.1186/s12889-024-19394-w (Kunden und Mitarbeiter in Gastro-Außenbereichen, in denen aktiv geraucht wird, sowie in angrenzenden Nichtraucherbereichen im Freien und in Innenräumen sind potenziell Passivrauch in einer Höhe ausgesetzt, die über den Vorgaben der WHO-Richtlinien für Feinstaubbelastung liegt.)
- Ruprecht, A., De Marco, C., Pozzi, P. et al., Outdoor second-hand cigarette smoke significantly affects air quality, European Respiratory Journal 2016 48(3): 918-920; DOI: https://doi.org/10.1183/13993003.00064-2016 (Zu stark frequentierten Zeiten ist die Feinstaubbelastung in engen Fußgängerstraßen deutlich höher als in Straßen mit starkem Verkehr.)
- Torretta, V.; Tolkou, A.; Katsoyiannis, I.; Schiavon, M. Second-Hand Smoke Exposure Effects on Human Health: Evaluation of PM10 Concentrations in the External Areas of a University Campus. Sustainability 2020, 12, 2948. https://doi.org/10.3390/su12072948 (Die Feinstaubkonzentration von PM10 im Freien unter einem Vordach übersteigt den von der WHO ausgegebenen Tagesrichtwert. Eine besondere Rauchbelastung ergibt sich bei Regenwetter.)
- Klepeis, N. E., Ott, W. R., & Switzer, P. (2007). Real–Time Measurement of Outdoor Tobacco Smoke Particles. Journal of the Air & Waste Management Association, 57(5), 522–534. https://doi.org/10.3155/1047-3289.57.5.522 (Tabakrauch im Freien kann unter bestimmten Windbedingungen und in der Nähe von Rauchern eine Belästigung oder Gefahr darstellen.)
- De Marco, C., Ruprecht, A., Borgini, A., Contiero, P., Di Paco, A., Veronese, C., Paredi, Pl., Tittarelli, P., Boffi, R. Will smoking on beaches become a thing of the past? Bibione: The first smoke-free beach in Italy, Pulmonology, Volume 29, Issue 6, 2023, 540-542 https://doi.org/10.1016/j.pulmoe.2023.06.001. (Die unter Sonnenschirmen am Strand im Windschatten der Raucher gemessenen mittleren BCUV-Konzentrationen sind höher als die im gleichen Zeitfenster an einer Verkehrskreuzung gemessenen Werte.)