Großer Rückschlag für Tabakindustrie – Tankstellen sind keine Tabak-Fachhändler

05.08.2024 Oberlandesgericht Stuttgart untersagt Außenwerbung – Erfolg für Pro Rauchfrei e.V.

Am 1. August erteilte das Oberlandesgericht Stuttgart dem Versuch, Tankstellen zu Fachgeschäften für Tabak zu erklären, eine klare Absage. Auf Antrag von Pro Rauchfrei e.V. untersagte es einer Tankstelle in Fellbach, weiterhin für Tabakerzeugnisse und E-Zigaretten mittels digitaler Bildschirme zu werben, und fällte damit ein erstes Grundsatzurteil (Urteil vom 01.08.2024, Az .2 UKl 2/24). Vorausgegangen waren absurde Versuche der Gegenseite, Tankstellen als Fachhändler für Tabakwaren darzustellen. Denn nur diese würden nicht unter das gesetzliche Verbot der Außenwerbung fallen. Damit hatte die Industrie keinen Erfolg. Nun dürfte bei zahlreichen Tankstellen der Bildschirm künftig schwarz bleiben.

Pro Rauchfrei Vorstand Stephan Weinberger sieht sich in der Entscheidung des Gerichts bestätigt „Mit hohem finanziellen Aufwand hat die Tabakindustrie Tankstellen in ganz Deutschland mit digitalen Monitoren ausgestattet, die im Dauerdurchlauf vor allem Außenwerbung für klassische Zigaretten, E-Zigaretten und Tabakerhitzer zeigen. Das alles passierte, obwohl der Tabakbranche bewusst war, dass Außenwerbung gesetzlich nur für den Fachhandel zulässig ist.“  Vor Gericht versuchte man mit allgemeinen Ausführungen über Umsatzzahlen und Verkäuferschulungen Tankstellen als Fachhandel für Tabakwaren und Werbung, die innen an Schaufenstern mit Wirkung nach außen angebracht ist, als zulässig darzustellen. Das Oberlandesgericht Stuttgart bewertet das Vorbringen als „substanzlos“ und führt aus:

Eine Tankstelle wird gemeinhin nicht als Fachhandelsgeschäft für Tabakerzeugnisse verstanden. Ihr primärer Zweck ist die Versorgung der Bevölkerung mit Fahrzeugtreibstoffen. Hinzugekommen sind im Laufe der Zeit der Verkauf von Reisebedarf (Getränken, Süßigkeiten etc.) und von Hilfsmitteln, die zum sicheren Betrieb eines Kraftfahrzeugs kurzfristig erforderlich sein können und mit denen sich der Autofahrer selbst weiterhelfen kann (z.B. Motorenöl). Dieser Zuschnitt erlaubt es Tankstellen, ihr Sortiment auch außerhalb der regulären, gesetzlich beschränkten Ladenöffnungszeiten zu verkaufen.

„Es ist leider nichts Neues, dass sich die Tabakindustrie sehenden Auges über geltendes Recht hinwegsetzt, bis jemand einschreitet. Sei es bei den Automaten, bei der Werbung oder beim Sponsoring“, ergänzt Weinberger: „Was die Tankstellen angeht, werden wir die Situation stichprobenartig überprüfen und bei Verstößen die notwendigen Maßnahmen treffen. Wir gehen aber davon aus, dass das Urteil recht bald bekannt sein dürfte und die Konzerne die Pächter entsprechend instruieren.“

Die Entscheidung ist im Volltext unter https://www.landesrechtbw.de/bsbw/document/NJRE001582249 abrufbar.

Pressebeiträge zu diesem Thema

https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/2ukl224-olg-stuttgart-tabak-tankstellen-werbung-tabakwaren

https://rsw.beck.de/aktuell/daily/meldung/detail/olg-stuttgart-2ukl2-24-tankstelle-tabak-fachhaendler