Brennpunkt Shishabars

Gefährliche Orte für junge Gäste

6.2.2018  Dass Minderjährige entgegen dem Jugendschutz zu häufig Zutritt zu Orten bekommen, an denen sie nicht sein dürften, weiß man. Es ist auch bekannt, dass Shisha-Rauchen ein Trend gerade bei jüngeren Leuten ist, teils leider auch bei Nichtrauchern. Wie tödlich Kohlenmonoxid sein kann, wird gerade wieder durch den tragischen Tod einer Familie in Esslingen ins Bewusstsein gerufen, der vermutlich auf eine Undichtigkeit in einer Gastherme zurückzuführen ist.

Durch Kohlenmonoxid- (CO-) Vergiftungen in Shishabars (bzw. -lounges oder -cafés) ist zwar anscheinend noch niemand zu Tode gekommen, aber Lebensgefahr bestand in nicht wenigen Fällen bereits. Allein das Uniklinikum Düsseldorf berichtete, dass 2017 bis Ende November schon 40 schwere CO-Vergiftungen in der Druckkammer behandelt werden mussten. Nicht nur wegen der Gesundheitsgefahren durch schlechte Luft sind Shishabars ein äußerst problematisches Geschäftsmodell, insbesondere, wenn in den Innenräumen geraucht wird.

Kaum Voraussetzungen für den Betrieb: Für den Betrieb einer Shishabar ist zunächst nur eine Gewerbeanmeldung notwendig. Sollen alkoholische Getränke ausgeschenkt werden, dann eine Konzession; beim Angebot zubereiteter Speisen gibt es weitere Auflagen. Außer Brandschutz-Auflagen sind meist keine besonderen Vorkehrungen nötig, um die Sicherheit von Mitarbeitern und Gästen zu gewährleisten, zum Beispiel sind Kohlenmonoxid-Melder vielerorts nicht Pflicht, obwohl kohlenbetriebene Wasserpfeifen eine besondere Gefahrenquelle darstellen.
Kaum Kapital: Startkapital wird im Prinzip nicht benötigt, sofern die Bar als UG (haftungsbeschränkt) oder als Einzelunternehmen betrieben wird.
Kaum Sprach- und Fachkenntnisse: Zum Nichtraucherschutz findet im Allgemeinen zu Anfang wohl eine Belehrung statt; vor Kontrollen mussten sich die Betreiber lange Zeit kaum fürchten. Grundlegende gastronomische Kenntnisse müssen nur erworben und nachgewiesen werden, wenn eine Shishabar Speisen zubereitet.
Auch deswegen sind Shishabars ein Erfolgsmodell: Sie sprießen aus dem Boden wie die Pilze bei warmem Regen. Das gemeinsame Inhalieren von süßlich aromatisierten Tabaken ist unter jungen Leuten besonders beliebt. Immer neue Kreationen regen die Gier zum Ausprobieren an. Seit Rapper das Geschäft mit den Tabaken und teils auch den Bars als zweites Standbein entdeckt haben, steigt die Attraktivität dieser vermeintlich echt orientalischen Lebensart noch weiter und man hört oft die Forderung, man dürfe doch den bei uns Eingewanderten ihre traditionellen Bräuche nicht verbieten. Dabei sollen gläubige Muslime den Tabak eigentlich genauso meiden wie den Alkohol.
Shishabars sind mancherorts willkommene Lückenfüller, die Leerstand verhindern. Dunkle, enge Räume dicht an der Straße sind Standorte, die für Läden und Lokale oft nicht ideal sind. Shishabars dagegen brauchen Standorte, die Laufkundschaft anziehen, und viele Kunden erwarten schummrige Räume, in denen man auf Ecksofas mit Freunden ein paar Stunden lang versumpfen kann. Bevor eine Durchgangsstraße durch einen Ort gänzlich verödet, nimmt man sicherlich gern jeden Mieter, auch wenn dann alle zweihundert Meter eine Shishabar zu finden ist.

Dabei ergibt sich beim Betrieb dieser Bars ein Bündel von Problemen:

  1. Nichtraucherschutz. In Bayern, dem Saarland und NRW ist in Shishabars nur der Einsatz von getrockneten Früchten und aromagetränkten Shiazo-Steinen zulässig. Tabak darf keinesfalls zum Einsatz kommen – es sei denn, auf Außenflächen. In den anderen Bundesländern müssen Shishabars den Ausnahmeregelungen der Nichtraucherschutzgesetze entsprechen (z.B. Einraumkneipen unter 75 m2, kein Angebot zubereiteter Speisen, vollständig abgetrennte Raucherräume, kein Zutritt für Minderjährige u.a.). Jeder weiß allerdings, dass das Geschäftsmodell einer Shishabar darin besteht, Tabak rauchen zu lassen. Das erwarten die Gäste, das wird angeboten.
  2. Erhöhte Gefahr beim Rauchen durch tiefere Inhalation des abgekühlten Rauchs.
  3. Kohlenmonoxid-Gefahr: Für die Wasserpfeifenköpfe wird meist Naturkohle verwendet, die nur für den Einsatz im Freien bestimmt ist. In Shishabars glühen bei vollem Betrieb zahlreiche Wasserpfeifen vor sich hin und erzeugen das giftige, geruchlose Kohlenmonoxid, das sich nach dem Einatmen an die roten Blutkörperchen bindet und den Sauerstofftransport im Körper blockiert. Zahlreiche Vergiftungsfälle sind in den letzten Monaten publik geworden (s. Liste unten). Kohlenmonoxid-Warnmelder sind in vielen Bundesländern nicht verpflichtend; zwar sind solche teilweise vorhanden, werden aber gern abgestellt, weil sie zu oft piepsen. Auch die Lüftungsanlagen der Bars sind häufig völlig unzureichend.
  4. Zollrechtliche Probleme: Um dem Gesetz Genüge zu tun, müssten eigentlich dort, wo geraucht werden darf, die Tabake in fertig gekauften Portionsbeuteln an die Kunden abgegeben werden. Allein das Aufreißen einer Packung und die Ausgabe in Portionen stellt schon einen Verstoß dar. Durch das Versetzen mit Aromen fallen eigentlich wieder Tabaksteuern an. Hier drückt der Zoll wohl immer ein Auge zu. Beim Auffinden großer Mengen unversteuerten Tabaks allerdings nicht. Solche Funde werden regelmäßig gemacht.
  5. Weitergehende Gesundheitsrisiken durch starkes Erhöhen des Feuchtigkeitsgehalts des Tabaks mittels Melasse und Glyzerin sowie durch Aromatisierung.
  6. Gesundheitsgefahr (Herpes, Hepatitis) durch Hygienemängel, z.B. mangelhafte oder nicht stattfindende Reinigung der Shisha-Mundstücke.
  7. Weitere Verstöße aus den Bereichen Arbeitsrecht, illegales Glücksspiel, Drogen.

Vorkommnisse in Shishabars und Ergebnisse von Kontrollen allein im vergangenen Dezember und Januar

  • 30./31.1. Würselen: Zollbeamte entdeckten 3 Tonnen illegalen Shisha-Tabak aus dem Besitz eines Barbetreibers.
  • 28.1. Rorschach (Schweiz): 17-Jährige brach in Shishabar bewusstlos zusammen
  • 26.1. Erfurt: In zwei Bars wurden bei Durchsuchungen insgesamt 140 kg unversteuerter bzw. nicht zum Verkauf zugelassener Tabak gefunden.
  • 23.1. Bochum: Zollbeamte stellten bei der Kontrolle von 11 Shishabars 72 Kilo unversteuerten Shisha-Tabak und 1.500 ebenfalls unversteuerte Zigaretten sicher. 4 Bars wurden wegen Hygienemängeln sofort geschlossen.
  • 21.1. Idar-Oberstein: Eine Shishabar-Besucherin brach zusammen. Es wurden überhöhte Kohlenmonoxidwerte festgestellt und die anderen Gäste ebenfalls untersucht.
  • 19.1. Dortmund: Bei der Kontrolle von 11 Shishabars wurden 50 kg unversteuerter Tabak und 1.080 ebenfalls unversteuerte Zigaretten sichergestellt. Zudem wurden in fast allen kontrollierten Betrieben Verstöße gegen das Nichtraucherschutzgesetz festgestellt. 7 Straf- und 22 Bußgeldverfahren wurden eingeleitet.
  • 8.1. Bremerhaven: zwei Frauen wurde in einer Shishabar übel. Die Bar wurde wegen stark erhöhter Kohlenmonoxidwerte evakuiert, insgesamt wurden 18 Personen in Krankenhäuser gebracht.
  • 8.1. Kaiserslautern: Eine 18-jährige Frau brach in einer Shishabar zusammen. Mit einer lebensbedrohlichen CO-Vergiftung wurde sie ins Krankenhaus eingeliefert, die Bar wurde übers Wochenende geschlossen.
  • 7.1.Kiel: Bei einem Einsatz wegen Ruhestörung in einer Shishabar wurde auch die Feuerwehr hinzugezogen, um die Kohlenmonoxidwerte zu messen. Sie waren stark erhöht, die Bar wurde bis auf Weiteres geschlossen.
  • 6.1. Duisburg: Ein 52-Jähriger kollabierte in einer Shishabar. Festgestellt wurde bei ihm eine CO-Vergiftung, sodass er in einer Druckkammer eines Krankenhauses behandelt werden musste.
  • Dezember 17: Ein Großteil der Shishabars in Passau wurde kontrolliert. In allen wurde gesetzwidrig echter Tabak verwendet.
  • 31.12.17 Kiel: Ein 19-Jähriger brach vor der Tür einer Shishabar bewusstlos zusammen. Das Lokal wurde vorübergehend geschlossen. Anfang Dezember war eine 19-Jährige in einer anderen Bar bewusstlos geworden. Schon in den Monaten vorher waren mehrere Bars in Kiel wegen schlechter Luft geschlossen worden.
  • 27.12.17 Essen: Ein Besucher einer Shishabar klagte über Übelkeit. Da erhöhte Kohlenmonoxidwerte festgestellt wurden, wurde die Bar von der Feuerwehr gelüftet.
  • 23.12.17 Viersen: Bei Shishabar-Kontrollen wurden in zwei Betrieben erhöhte Kohlenmonoxidwerte festgestellt. In einem Fall reichte es, die Lüftung wieder einzuschalten, im anderen Fall fehlte eine zureichende Lüftungsanlage; der Gastraum wurde vorübergehend geräumt. 8 Bußgeldverfahren wegen Verstößen gegen das Nichtraucherschutzgesetz und Ermittlungsverfahren wegen unversteuerten bzw. nicht richtig versteuerten Tabaks wurden eingeleitet.
  • 19.12.17 Düsseldorf: In einer Shisha-Bar wurden bei Gaststättenkontrollen 4 kg unversteuerter Tabak sichergestellt.
  • 14.12.17 Braunschweig: Bei Shishabar-Kontrollen wurde knapp ein Zentner unversteuerter Tabak gefunden.
  • 11.12.17 Wolfsburg: Bei einer Razzia fand der Zoll kiloweise unversteuerten Shisha-Tabak.
  • 09.12.17 Freilassing: In einer von zwei kontrollierten Bars wurden erhöhte Kohlenmonoxidwerte sowie Verstöße gegen das Gesundheitsschutz-, das Jugendschutz- und gegen Steuergesetze festgestellt. Da der Betreiber schon mehrfach wegen ähnlicher Verstöße angezeigt worden war, erging ein Bußgeld in vierstelliger Höhe.
  • 2017 Mönchengladbach: Resümee des Ordnungsamts. Die 19 Shishabars der Stadt wurden im Jahr 2017 53 Mal kontrolliert, dabei ergingen 42 Bußgeldbescheide wegen Verstößen gegen den Nichtraucherschutz. Zwei Bars mussten wegen zu schlechter Luftqualität sofort geschlossen werden.

Appell an die zuständigen Behörden der Bundesländer: Die sauberste und gesündeste Lösung ist ein absolutes Rauchverbot in öffentlich zugänglichen Räumen bundesweit. Solange das nicht durchgesetzt ist, sollte zum Mindesten die Sicherheit in diesen zweifelhaften und gefährlichen Freizeitstätten erhöht werden: durch verpflichtende Kohlenmonoxid-Warnmelder (wo noch nicht vorhanden), die Anbringung von Warnschildern an den Eingängen der Shishabars, eine Pflicht zur Abnahme durch Baubehörden und/oder Ordnungsamt bzw. Feuerwehr bei Eröffnung und die Verpflichtung für die Inhaber, eine Belehrung über die Auflagen zum Betrieb einer Bar per Unterschrift zu bestätigen. Sorgen Sie dafür, dass bestehende Kontrollen intensiviert werden, auch unter dem Aspekt des Nichtraucher- und des Jugendschutzes.
Appell an alle Eltern: Klären Sie Ihre Kinder über die Gefahren des Rauchens und zusätzlich des Rauchens von Wasserpfeifen, auch im häuslichen Bereich, auf. Dabei können zum Beispiel die FAQ des Bundesinstituts für Risikobewertung helfen. Verhindern Sie, dass Ihre minderjährigen Kinder Shishabars besuchen, auch wenn es deren Freunde tun, bzw. melden Sie solche Besuche den Ordnungsämtern oder der Polizei. Erklären Sie den Kindern oder anderen potenziellen Shisharauchern, dass sie beim Auftreten von Kopfschmerzen, Übelkeit, Schwindelanfällen und anderen unangenehmen Gesundheitszuständen sofort an die frische Luft gehen und den Raum, in dem die Wasserpfeife/n) steht/stehen, sofort gut durchlüften sollen. Bei leichten CO-Vergiftungen genügen solche Maßnahmen. Auch bei kurzer Bewusstlosigkeit sollte zudem ein Rettungsdienst gerufen werden.

Anmerkung: Pro Rauchfrei mahnt auch Shishabars ab, wenn Verstöße gegen das Nichtraucherschutzgesetz oder andere Wettbewerbsverstöße bekannt werden. Eine Aufstellung unserer rechtlichen Aktivitäten gibt die Seite Verbandsklagen.