Kippe im Mund, ein (zu) häufiges Rollenmodell im TV

Hauptdarsteller auf deutschen Bildschirmen ist zunehmend die Zigarette

31.01.2018  Die Programmverantwortlichen von ARD und ZDF leben auf einer Insel der Seligen. Auf ihr wird kaum geraucht, und wenn, dann nur so, dass es nicht zur Nachahmung anregt. Das steht in den Programmrichtlinien, und da es deswegen auch so sein muss, bekommt jeder Zuschauer auf Beschwerden hin geschönte Auskünfte.

In Wirklichkeit sind deutsche Filme, besonders im öffentlich-rechtlichen Fernsehen, wieder mehr und mehr verraucht. Beispielsweise hat eine Untersuchung kürzlich zutage gefördert, dass in 33 von 39 Filmen, die für den deutschen Filmpreis nominiert wurden, geraucht wird.

Viel Qualm fanden auch Mitglieder von Pro Rauchfrei 2016 auf den Bildschirmen, als sie zwei Wochen im April insgesamt 82 Krimis auf ARD, ZDF, zdf neo, RTL und SAT1 anschauten und dabei die Rauchszenen dokumentierten. Festgestellt wurde, dass in deutschen Produktionen beinahe in jeder 2. Produktion geraucht wurde, bei Filmen nach 20 Uhr in mehr als der Hälfte. Der Sendeplatz um 20.15 Uhr, der auch für Jugendliche interessant ist, stach dabei besonders unrühmlich hervor.

Um bei Krimis zu bleiben: Zunehmend rauchen wieder Kommissare und positiv besetzte Hauptfiguren häufig auch in Räumen mit Rauchverbot oder im Pkw und entsorgen die giftigen Kippen in der Natur oder auf der Straße. Negative Konsequenzen dieses Verhaltens werden sehr selten gezeigt.

„Die öffentlich-rechtlichen Sender missachten vorsätzlich ihren Bildungs- und Informationsauftrag bei diesen Produktionen, indem sie die Gefahren des Rauchens in Unterhaltungssendungen verharmlosen“, so Siegfried Ermer, Vorstandsvorsitzender von Pro Rauchfrei. Rollenmodelle in Filmen haben nachweislich Einfluss auf die Zuschauer. Von Jugendlichen präferierte Formate wie Reality-Shows, Sitcoms oder Sci-Fi- bzw. Fantasyfilme sind ebenfalls stark verqualmt, ohne dass sich irgendjemand verantwortlich fühlt, dem gegenzusteuern. „Die Sender müssen, wenn sie Auftraggeber für Produktionen sind, den von ihnen gewollten präventiven Ansatz gegenüber der Produktionsfirma mit Nachdruck einfordern“, mahnt Ermer: „Tabakprävention darf nicht auf Ratgebersendungen beschränkt bleiben, wenn wir die Zahl von Tabaktoten in Deutschland wirklich senken wollen.“