Pro Rauchfrei tritt für Beibehaltung des strikten Nichtraucherschutzes in NRW ein

„Seien Sie vielmehr stolz, dass Nordrhein-Westfalen seit vier Jahren zu den Vorreitern innerhalb der deutschen Bundesländer gehört“

29.03.2017  Im Wahlprogramm der nordrhein-westfälischen CDU findet sich die Forderung, das Nichtraucherschutzgesetz des Bundeslandes wieder lockern zu wollen. Inzwischen hat man davon Abstand genommen: Die Antragskommission wird dem Landesparteitag am 1. April die Streichung des Passus vorschlagen. Pro Rauchfrei hat den NRW-Landtagsabgeordneten und Wahlkandidaten folgende E-Mail geschrieben, um die Entscheidungsfindung zu unterstützen:

Anrede,

als gewählter Abgeordneter der CDU sollen Sie die Interessen aller Bürgerinnen und Bürger im nordrhein-westfälischen Landtag vertreten.
Wir müssen jedoch mit Entsetzen feststellen, dass Ihre Partei das bewährte Nichtraucherschutzgesetz von 2013 beschädigen will. Wir möchten Ihnen darlegen, warum wir das für unverantwortlich, ja sogar verwerflich erachten. Durch unsere alltägliche Arbeit als bundesweit tätiger Verbraucherschutzverband im Bereich Nichtrauchen haben wir einen wohl einzigartigen Überblick über den Stand des Nichtraucherschutzes in Deutschland erlangt.

Im Wahlprogramm Ihrer Partei ist ein Passus, der nun wohl doch herausgenommen werden soll:

Die von vielen als Bevormundung empfundenen Maßregelungen des von Rot-Grün eingeführten Gesetzes lehnen wir ab und prüfen Veränderungen, wie sie auch in anderen Bundesländern praktiziert werden.

Der Presse wurde mitgeteilt, Parteimitglieder hätten eingewandt, dass sich Wirte und Gäste an das Rauchverbot gewöhnt hätten. Das ist wohl richtig, aber dennoch ein eher schwaches Argument. Warum ein strikter Nichtraucherschutz in der Gastronomie wirklich unbedingt sein muss (und in allen Bundesländern sein müsste), wollen wir Ihnen hier darlegen. Damit Ihre Partei nicht noch einmal umschwenkt und die Gesundheitsinteressen der Bevölkerung den Wirtschaftsinteressen der Tabaklobby opfert.

Die Folgen für den Gastwirt und seine Kunden:

  • Der Wirt steht in der Auseinandersetzung zwischen renitenten Rauchern und unterdrückten Nichtrauchern wieder voll zwischen den Stühlen.
  • Es kommen erhebliche Umbaukosten auf ihn zu, die nur einem kleinen Klientel dienen.
  • Seine Angestellten werden wieder massiv durch Tabakrauch geschädigt und sind wieder häufiger krank, was sowohl den Wirt als auch die Krankenkassen finanziell belastet. Gerade Kellner tragen das höchste Krebsrisiko für Lungen- und Leberkrebs (Studie des Nordischen Projekts zur Erforschung von berufsbedingtem Krebs (NOCCA)). Da sie nicht das gleiche Recht auf einen rauchfreien Arbeitsplatz haben wie andere Angestellte, werden sie in ihren Rechten diskriminiert.
  • Der Druck auf nichtrauchende Jugendliche wird immens ansteigen. Sie werden sich dann zwangsweise dem Diktat einzelner Raucher unterwerfen müssen, wollen sie Mitglied ihrer Peer-Gruppe bleiben.
  • Rauchende Eltern werden wieder ihre Kinder mit in den Raucherbereich nehmen und suchtbedingt das Wohl ihrer Kinder vernachlässigen.

Die Folgen für die Gesundheit der Bürger und die Umwelt

  • Herz-/Kreislauferkrankungen werden wieder zunehmen. Besonders Kinder und Jugendliche werden nachhaltig geschädigt.
  • Auch die Zahl der Krebserkrankungen wird wieder signifikant steigen.
  • Der Anbau und das Trocknen der Tabakpflanze zerstören weiter die Umwelt (Abholzung und Kontaminierung der Böden) und die Arbeitsbedingen der Tabakbauern.
  • Die Ausbeutung der Menschen durch die Tabakkonzerne in den durch Hunger besonders betroffenen Ländern geht weiter.
  • Eine Zigarette verursacht genauso viel Feinstaub wie ein Dieselfahrzeug, das ununterbrochen 100 Minuten läuft (Studie des Istituto Nazionale dei Tumori in Mailand). Weil die Feinstaubpartikel einer Zigarette um ein Vielfaches kleiner sind als der Feinstaub durch den Verkehr, verursachen sie immense Schäden.
  • In Deutschland sterben durch das sinnlose Rauchen täglich ca. 350 Menschen. Werden Sie als Abgeordneter auch dann die Verantwortung für den Tod oder das Leid von Menschen übernehmen, wenn täglich 350 Menschen durch einen terroristischen Anschlag oder einen Flugzeugabsturz ums Leben kommen?

Die Folgen für die Ordnungsämter

Rückmeldungen von Gästen, Beschäftigten, aber auch Behörden aus Berlin, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg bestätigen uns täglich, dass die Regelungen dort nicht überprüft werden können. Die Ausnahmeregelungen für Raucherkneipen und -räume sind so verwirrend, dass nicht einmal alle Gastwirte durchblicken, geschweige denn die Gäste.

Im Einzelnen sind dies:
a) Hinweise auf Raucher- bzw. Nichtraucherlokale existieren nicht oder sind schlecht sichtbar angebracht.
b) Zutrittsverbote für Kinder und Jugendliche können nicht genügend kontrolliert werden.
c) Ob und welche Speisen ausgegeben werden, wird nicht kontrolliert bzw. sanktioniert.
d) Die Türen zu Raucherräumen stehen ständig offen oder existieren nicht einmal.
e) Die Regelungen zur erlaubten Größe von Raucherkneipen (unter 75 m²) werden nicht eingehalten und sind kaum durch die Ordnungsbehörden überprüfbar.
f) In Nichtraucherbereichen wird häufig geraucht, weil Gäste undiszipliniert sind und Wirte dies oft tolerieren.

Anrede, Sie glauben an die regulative Kraft des freien Marktes. Obwohl der Markt lange Zeit die Chance hatte, den Nichtraucherschutz in der Gastronomie zu regeln, hat er dabei kläglich versagt. Hauptverantwortlich war und ist hierbei der von der Tabakindustrie dominierte DeHoGa.

Wir wissen, wie heftig einige Raucher für ihre vermeintlichen Rechte trommeln und sogar handgreiflich werden können – jedenfalls so lange, wie sie selbst noch rauchen. Wenn Sie tatsächlich deren egoistische Motive über alle Erfahrungen mit den Schäden durch die Volkskrankheit Rauchen stellen wollen, machen Sie sich für viele Nordrhein-Westfalen unwählbar. Die Tendenz geht weltweit in Richtung Nichtraucherschutz, auch wenn Deutschland und wohl auch Ihre Partei noch sehr fest durch die Tabaklobby dominiert wird.

Abschließend erlauben Sie uns noch folgenden Hinweis:
Als verantwortungsbewusster und den demokratischen Prinzipien verpflichteter Verband zur Förderung des Nichtraucherschutzes können wir keine Empfehlung zur Wahl von Kandidaten oder einer Partei geben, die sich gegen den Willen der qualifizierten Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger stellen. Sollten Sie im Falle einer Entscheidung den bestehenden Nichtraucherschutz abschaffen und somit für einen „Raucherschutz“ stimmen, so werden wir Sie als willfährige Helfer der Tabaklobby anklagen müssen.

Seien Sie vielmehr stolz, dass NRW seit vier Jahren zu den Vorreitern innerhalb der deutschen Bundesländer gehört und setzen Sie die Errungenschaften des Nichtraucherschutzes bitte nicht wieder aufs Spiel. Es gibt Wichtigeres in Ihrem Bundesland zu tun, als eine Minderheit zu verführen.

Aus der Antwort von Bodo Löttgen, Generalsekretär der CDU in NRW, zitieren wir auf unserer Facebookseite.