Wenn ich mich in Amerika aufhalte, dann bin ich frei

Liebe Mitstreiter,

Herr Ermer bat mich, für Euch einen Erfahrungsbericht aus Amerika zu schreiben. Ich komme diesem Wunsch gerne nach und erzähle Euch von meinen Erfahrungen aus Amerika.
Ich habe immer Interesse an Amerika gehabt und bin im Sommer 2013 zum erstenmal in ein Flugzeug nach Amerika gestiegen, um dort zwei Wochen bei meiner Gastfamilie in Minneapolis zu verbringen, welche ich zum erstenmal traf.
Die Menschen in Amerika sind wunderbar. Das spürt man schon, wenn man am Terminal am deutschen Flughafen sitzt und dort von Amerikanern umgeben ist.
Ich landete zunächst am Flughafen in Chicago, um dann nach einer Wartezeit nach St. Paul/Minneapolis umzusteigen. Was als erstes auffällt, wenn man zum ersten Mal in Amerika ist, das ist die ungeheure Zivilisiertheit, Höflichkeit und Sauberkeit dort.
Meine Gastfamilie hat sich als echter Glücksgriff erwiesen. Meine Gastmutter ist Hausfrau, der Mann arbeitet als Lehrer am Computer von zuhause aus. Ich habe dort beim ersten Mal eine glückliche Zeit und vor allem eine völlig rauchfreie Zeit verbracht. Als erstes fiel mir auf, daß kaum Zigarettenkippen auf den Straßen herumliegen. Es wird nicht geraucht in Amerika! Die wenigen Raucher, die es dort gibt, die üben ihr Geschäft diskret aus. Zum Beispiel stehen sie nicht in Trauben vor den Eingängen von Supermärkten. Das sind alles so kleine Details, welche in Deutschland undenkbar sind. An einem Tag bin ich mit meiner Gastfamilie zum Lake Harriet in Minneapolis gefahren. Dort spielte eine Band in einer Bandmuschel. Als Publikum waren etwa 400 Leute anwesend, alle unter freiem Himmel. Dort hatte ich ein Schlüsselerlebnis. Ich saß zum erstenmal in meinem Leben in einer Menschenmenge unter freiem Himmel und – es wurde nicht geraucht. Die Raucher haben die Menschenmenge verlassen und haben außerhalb dieser Menschenmenge geraucht. Ich muß erwähnen, daß es in Minnesota kein Gesetz gibt, welches es ihnen verboten hätte. Sie tun es aber einfach nicht. Ebenso auf dem Farmers Market. Zu den Eingängen von Restaurants und Geschäften müssen Raucher meist – per Schild verordnet – 30 Fuß Abstand halten. Die Diners riechen absolut sauber von innen. Es stehen also keine Raucher im Türrahmen – so wie hier in Deutschland –; es wird auch nicht in irgendwelchen Nebenräumen geraucht.
Wenn ich in Deutschland über die Straße gehe oder irgendwo reingehe in einen Imbiß, was auch immer, dann blicke ich mich ständig um. Gebe ständig Obacht auf Raucher. Man steht hier in Deutschland ständig unter Druck, daß diese Leute wieder in das Leben von einem selbst eingreifen. Dieses Verhalten verliert man in Amerika nach ein paar Tagen automatisch. Weil man sich frei bewegen kann. Überall – außer in fragwürdigen Gegenden, in denen der Pöbel Einzug gehalten hat. Da wird man mit Rauchern konfrontiert. Spielt aber keine Rolle, da es einen nur selten dorthin verschlägt.
Drei weitere Beispiele noch:
• Ich war letztes Jahr mit meinem Sohn in Boston. Dort haben wir auch Bars besucht. Es standen im Sommer sogar alle Fenster sperrangelweit auf. Es war nicht der geringste Rauch zu riechen, da die Amerikaner dort nicht geraucht haben. Auch nicht vor dem Fenster, was in Deutschland unvermeidlich gewesen wäre. Was nutzt mir das schönste Rauchverbot hier in NRW, wenn der Qualm über die Tür und die Fenster reinzieht? Solange wir keinen entsprechende Bann vor Fenster und Türen haben, ist das Rauchverbot wertlos bezüglich solcher Lokalitäten.
• Ich saß mit meinem Sohn an Tischen, die außerhalb eines Geschäftszentrums im Freien standen. Mein Sohn sagte zu mir: „Fällt Dir etwas auf, Mama?“ – „Ja“, sagte ich, „hier stehen keine Aschenbecher auf den Tischen.“

• Dieses Jahr im Sommer war ich in Chicago in einem Baseballstadion. Eine wunderbare Familienveranstaltung. Wer dort eine Zigarette auch nur ansieht, der fliegt sofort raus.

Dies sind meine wichtigen Eindrücke aus Amerika. – Als ich damals an diesem See saß, da habe ich bei mir gedacht: „Das ist mein Volk. Hier bin ich Mensch, hier bleibe ich.“
Es ist nach wie vor absolut unmöglich in Deutschland, auch nur der kleinsten Menschenmenge beizuwohnen, die sich im Freien aufhält. Ich möchte dies zum Anlaß nehmen, meine Meinung über den Unterschied des deutschen und des amerikanischen Volkes auszudrücken.
Es sind nicht nur die Politiker in Deutschland, die normale Lebensumstände verhindern. Es sind die Leute selbst, das Volk. Es gehört zum Nationalcharakter der Deutschen, daß sie die Qualmerei als „normal“ ansehen. Bittet man jemanden, draußen nicht zu rauchen, dann antwortet er oder sie: „Aber wieso, wir sind doch unter freiem Himmel.“ Das Schlimme daran ist nicht der Raucher selbst an sich, sondern derjenige, der sich dazugesellt, ohne seinen Mund aufzumachen. Raucher bekommen keine Gegenwehr bei Ihrem Tun, wovon ich mich ausnehme. Ich mache immer meinen Mund auf. Dieses Fehlen jeglicher Gegenwehr ist der wahre Grund für die Zustände, die wir hier haben.
Spricht man mit Deutschen darüber, was sie von rauchfreien Wohnhäusern halten, dann antworten sie: „Aber man kann doch den Leuten das Rauchen in der Wohnung nicht verbieten.“ Es sind die Deutschen selbst, 90% von denen, die diesen Quatsch verzapfen. Man kann nur hoffen, daß sich deren Gesellschaftscharakter im Laufe weiterer Jahre langsam verändern wird.
Amerikaner rauchen nicht. Mein Freund hat in Chicago drei Apartments in verschiedenen Häusern. In diesen Häusern herrscht selbstverständlich Rauchverbot für alle Menschen, die sich dort aufhalten. Es würde niemandem dort einfallen, dies in Frage zu stellen.
Wenn ich mich in Amerika aufhalte, dann bin ich frei, frei, frei. Wenn ich schon am Düsseldorfer Flughafen wieder zurück bin, dann liegt die Zivilisation hinter mir, und ich bin wieder in diesem Elend hier angekommen. Ich bin in diesem Jahr seit Ende August wieder hier. Aber schon nach wenigen Wochen habe ich wieder großes Heimweh nach „meiner“ Amerika. (Amerika ist in Amerika eine „she“. Der Titel eines populären Buches dort lautet: „America. Imagine a world without her.“)

Anna

(Anm.: Das Bild wurde uns von einem anderen Mitglied zur Verfügung gestellt.)