Ein weiterer Schritt in die richtige Richtung
aktualisiert am 09.09.2015, zuerst veröffentlicht am 01.04.2015 Schon in der bloßen Geruchswahrnehmung von Tabakrauch des Nachbarn liegt eine Besitzbeeinträchtigung vor. Diese gelegentliche Beeinträchtigung ist jedoch nach den Grundsätzen des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses hinzunehmen. Im Hinblick auf übermäßige Tabakrauchbelästigung auf Balkon oder Terrasse besteht eine solche Duldungspflicht aber nicht. Es besteht vielmehr ein zivilrechtlicher Unterlassungsanspruch gegen den Raucher. Das Landgericht Neustadt hatte kürzlich diesen, sicherlich nicht seltenen, Sachverhalt zu entscheiden: In einem Wohnhaus rauchten regelmäßig auf dem Balkon die Nachbarn einer Familie mit einem Säugling. Sie belästigten durch das Rauchen die Nachbarn auf deren Balkon, ermöglichten es den Nachbarn durch regelmäßiges Rauchen auch in der Nacht nicht die Fenster offen zu lassen und verursachten gesundheitliche Beeinträchtigungen (Husten, Asthmaanfälle, Tränen der Augen und Reizungen der Nasenschleimhäute) des Kleinkindes in der Wohnung der Nachbarfamilie.
Bei den rauchenden Nachbarn handelt es sich um Miteigentümer der Wohnungseigentumsanlage, die Kläger (die Familie mit dem Säugling) sind Mieter einer Wohnung. Mit der Klage wollten die Mieter eine Reduzierung der Rauchbelästigung dergestalt erreichen, dass die Nachbarn nur zu bestimmten, einvernehmlich festgelegten Zeiten auf dem Balkon rauchten. Die rauchenden Nachbarn waren dazu nicht bereit. Das Amtsgericht lehnte die Klage der Nachbarn noch ab. Dies sah das Landgericht allerdings anders, hob das amtsgerichtliche Urteil auf und sprach die angestrebte Verpflichtung aus. Begründung: Die Beklagten sind als rauchende Nachbarn Störer im Sinne der §§ 862, 1004 BGB. Unabhängig von der Frage einer etwaigen Gefährdung durch eine Nikotinexposition (Nikotinvergiftung) stelle allein schon die Tatsache, dass das Riechen und besonders das Einatmen des nachweislich giftigen Tabakrauchs eine nicht hinnehmbare Besitzstörung dar. Daher sei den rauchenden Nachbarn diese Lebens- und Gesundheitsbeeinträchtigung zumindest teilweise zu unterbinden.
Praxistipp: Die Mehrzahl der Gerichte steht auf dem Standpunkt, dass das Rauchen des Nachbarn zwar zu Belästigung auf dem eigenen Balkon oder durch die Fenster in der eigenen Wohnung führen könne, jedoch dem Nachbarn eine Vorsorge, dass sein Nachbar durch seine Rauchexposition nicht über Gebühr belästigt oder geschädigt wird, nicht auferlegt werden kann. Grund ist das nachbarliche Gemeinschaftsverhältnis, das zur gegenseitigen Rücksichtnahme verpflichtet. Für Störungen eines Grundstücksrechts durch rauchende Nachbarn entspricht es daher ganz überwiegender Ansicht, dass eine Duldungspflicht hinsichtlich des gelegentlichen Rauchens auf dem Balkon (bis zu 5 Zigaretten täglich) besteht.