DMB-Geschäftsführer im Dunstkreis der Tabaklobby

Offener Brief an Ulrich Ropertz vom DMB

Sehr geehrter Raucherfreund Ulrich Ropertz,                                                                 22.10.2014

seit die Presse über die aufsehenerregende erste rauchfreie Mietwohnungsanlage Deutschlands in Halle berichtet (die Grundsteinlegung findet übermorgen statt), werden Sie als Geschäftsführer und Pressesprecher des Deutschen Mieterbundes (DMB) als angeblicher Experte für rechtliche Angelegenheiten herangezogen. Mit steigendem Entsetzen sehen wir von Pro Rauchfrei, wie Sie lautstark als Vertreter von Raucherinteressen auftreten und Ihren Verband in den Dunstkreis von Tabaklobbyisten manövrieren.

Zuletzt taten Sie dies in WISO am 8. September 2014 zum gemeinsamen rauchfreien Projekt der Wohnungsgenossenschaft Halle-Süd und Pro Rauchfrei, wo Sie fälschlicherweise behaupteten, Raucher würden durch das Angebot rauchfreier Wohnungen diskriminiert.

Haben Sie eigentlich einmal einen Gedanken daran verschwendet, worüber Sie da sprechen? Oder ist bei Ihnen Hopfen und Malz verloren?

Kinder: Etwa die Hälfte aller unter sechsjährigen Kinder in Deutschland leben in Raucherhaushalten und sind damit vielfältigen Risiken ihrer Gesundheit ausgesetzt. Zu ihnen gehört ein erhöhtes Risiko, an Krebs zu erkranken. Nach der Leukämie-Erkrankung Ihrer Tochter haben Sie sich im Kampf gegen Krebs von Kindern engagiert und sind heute Vorsitzender der Deutschen Leukämie-Forschungshilfe und der Deutschen Kinderkrebsstiftung. Wie werden Sie es den Spendern für das Wohl krebskranker Kinder erklären, dass Sie einer grundsätzlich vermeidbaren, krebsauslösenden Sucht ausdrücklich das Wort reden? Wir meinen: Das können Sie nicht. Treten Sie zurück und überlassen Sie Ihre verantwortungsvolle Aufgabe einer Persönlichkeit, die sich nicht als Anwalt einer krankmachenden Sucht aufspielt.

Die Zahlen: Es geht um ganze 33 einzelne von 40 Millionen Wohnungen in Deutschland. Sogar wenn das Beispiel Schule machen sollte, was wir hoffen, gibt es irgendwann vielleicht einmal 3.000 oder heute noch völlig unvorstellbare 30.000 rauchfreie Wohnungen hierzulande – das wäre weniger als ein Tausendstel des Angebots! Den 33 entstehenden Wohnungen in Halle stehen jetzt schon 170 Anfragen gegenüber. Und so wird es immer sein: Es wird immer viel mehr Mieter mit Wunsch nach einem rauchfreien Zuhause geben als passende Angebote. Wohnungen für Raucher dagegen gibt es wie Kippen auf den Straßen.

Die angebliche Diskriminierung: Wollen Sie uns wirklich erzählen, Sie könnten nicht zwischen „Raucher“ und „Rauchen“ unterscheiden? Auch in Halle Süd dürfen Raucher einziehen, genauso wie Nichtraucher. Falls sich die Raucher verpflichten, ihrer Sucht nur im Raucherbereich auf dem Gelände der Wohnanlage nachzugehen, ist der Vorbedingung für den Einzug Genüge getan. Es wird hier keine Gruppe von Menschen diskriminiert, sondern eine störende und schädliche Betätigung unterbunden.

Sehen Sie auch „Griller“ diskriminiert, wenn in einem Haus bzw. auf dessen Grundstück nicht gegrillt werden darf? Sind Musikliebhaber diskriminiert, wenn ihnen verboten wird, nachts um ein Uhr in voller Lautstärke „Tosca“ zu hören? Die Beispiele ließen sich beliebig fortsetzen. Im Übrigen sollten Sie wissen, dass man Raucher gar nicht diskriminieren kann, wie die Europäische Kommission feststellte.

Der Mietvertrag: Wider besseres Wissen haben Sie sich zur Aussage hinreißen lassen, dass ein Rauchverbot im Mietvertrag unwirksam sei – bei den ersten Interviews zu diesem Thema wussten Sie noch, dass es keinen Passus im Mietvertrag, sondern eine rechtlich statthafte individuelle Zusatzvereinbarung gibt. Dieser kleine, aber feine Unterschied hätte Ihnen wohl nicht genügend öffentliche Beachtung gebracht? Dabei haben Sie in einem Vortrag bei der 9. Deutschen Konferenz für Tabakkontrolle 2011 noch ausdrücklich gesagt, dass Individualvereinbarungen möglich seien.

Bedrängte Mieter: Sie sprechen für den Deutschen Mieterbund, der nach eigener Aussage 1,3 Millionen Haushalte berät. Wenn bei Pro Rauchfrei mit seinen 2.000 Mitgliedern jeden zweiten Tag vom Rauch der Nachbarn belästigte und entnervte Mieter anrufen – wie viele mehr werden es bei Ihrer Organisation sein? Was sagen Sie ihnen? Etwa: „Tut uns leid, wir können Ihnen nicht helfen, wir vertreten nur die Interessen unserer rauchenden Mitglieder?“ Muss ein Nichtraucherverband wie Pro Rauchfrei einen eigenen Mieterverein für Nichtraucher gründen, nur damit geplagte Mieter Rat und Unterstützung finden können? Würden Sie nicht auch sagen, dass Sie den größeren Teil Ihrer Mitglieder im Bereich „Rauchen in der Wohnung“ absolut im Stich lassen, ja sie im Umkehrschluss vorsätzlich diskriminieren?

Wilhelm Busch sagt: „Eins, zwei, drei, im Sauseschritt, läuft die Zeit – wir laufen mit!“ Sie, Herr Ropertz, bleiben stehen und generieren sich lieber als Lobbyist der Tabakindustrie.

Es grüßt für den Vorstand von Pro Rauchfrei

Dipl.-Kfm. Siegfried Ermer
Vorstandsvorsitzender
Pro Rauchfrei e.V.
Lobby der Nichtraucher