Mitrauchen soll kein Kinderspiel mehr sein

27.10.2013  Kinder vor Passivrauchen schützen, sensibilisierte Nichtraucher mobilisieren, Mieter und Eigentümer im Problemfeld „Rauchfreies Wohnen“ stärken – das sehen die Teilnehmer der Pro Rauchfrei Hauptversammlung als vordringliche Aufgaben des Vereins an.

Für den 18. und 19. Oktober 2013 hatte Pro Rauchfrei seine Mitglieder zur Jahreshauptversammlung nach Würzburg geladen. Von der Wetterlage her war der Termin goldrichtig: Die Stadt strahlte unter einem makellos blauen Himmel, die Weinberge trugen noch üppiges Grün. Beim beliebten Vorabendtreff am Freitag folgte einer Stadtführung rund um das Würzburger Rathaus der Weg  durch die Steinbachtaler Weinberge zur Gaststätte Schützenhof „über den Dächern Würzburgs“. Nach Überwindung der 258 Steinstufen waren nicht nur die Seelen der Wanderer (vermutlich) von einigen lässlichen Sünden befreit, sondern auch ihre Mägen höchst aufnahmebereit für Speis und Trank. Maßgehalten haben sie dabei aber wohl, sonst wären sie nachts den Sebastiansteig nicht wieder heil hinuntergekommen.

Sollte  Manchem das Aufstehen am Samstag auch schwergefallen sein, so wurde es doch von prallem Sonnenschein und der malerischen Veranstaltungskulisse direkt unterhalb der Festung Marienberg belohnt. Die Teilnehmer tauschten sich am Vormittag im großen Saal von St. Burkard über das Thema „Was versteht Pro Rauchfrei unter Nichtraucherschutz?“ aus, begleitet wurde die Diskussion bis Mittag von einem Spiegel-TV-Fernsehteam. Einig war man sich, dass die Bereiche „Rauchfrei Wohnen“ und „Kinderschutz“ verstärkt die Aufmerksamkeit des Verbraucherschutzverbands fordern, denn Mieter oder Wohnungseigentümer, die vom Rauch ihrer Nachbarn belästigt werden, wenden sich zunehmend an Pro Rauchfrei um Hilfe, und Kinder, die an vielerlei Orten zum Mitrauchen gezwungen sind, können sich kaum dagegen wehren.

Am Beispiel eines typischen Schultages wurde die Situation verdeutlicht: Das Kind hat, wenn die Eltern rauchen, in einer rauchbelasteten Umgebung geschlafen und gefrühstückt, an der Bushaltestelle qualmen wartende Fahrgäste, auf dem Fußweg wird es mit Zigarettenautomaten und riesigen Werbeplakaten für Tabakprodukte konfrontiert. Auf dem Schulgrundstück gelangt es nur an rauchenden Lehrern und älteren Schülern vorbei zum Eingang, auf dem Heimweg wiederholt sich das alles, am Nachmittag auf dem Spiel- oder Sportplatz, im Freibad oder an anderen Freizeitstätten raucht es mit. Abends sieht es in den Serien vor 20 Uhr, wie die Darsteller am Glimmstängel ziehen – denn im deutschen Fernsehen wird Rauchen wieder salonfähig. 

Aus diesen Tatsachen lassen sich unmittelbar die Pro Rauchfrei Forderungen ableiten:

  • Raucher mit Kindern sollten weder in der eigenen Wohnung noch auf dem Balkon oder der Terrasse rauchen, denn der durch Türen und Fenster hereinziehende Rauch setzt sich an Möbeln, Wänden und Teppichen ab und die Raucher selbst haben die Tabak-Schadstoffe an der Kleidung.
  • Die nähere Umgebung, insbesondere die Grundstücke, von Kindergärten und Schulen sollten rauchfrei sein; das Gleiche gilt für Spielplätze, Sportstätten und andere Freizeitstätten für Kinder.
  • Zigarettenautomaten sollten aus dem Straßenbild verschwinden, denn sie stellen immer noch die leichteste Möglichkeit für Kinder dar, an Zigaretten zu kommen, nämlich über die Bankkarten von älteren Geschwistern, Freunden oder sogar Eltern. Zudem sind sie massive Werbeträger für ein nutzloses, aber teures Produkt.
  • Alle Tabakwerbung, sei es auf Plakatwänden, in Lotto-Tabakläden oder Supermärkten, muss verschwinden. Kinder sind für die suggestiven Werbebilder, die Coolness, Kameradschaft und Abenteuer vorgaukeln, hochempfänglich.
  • Mindestens die Fernsehserien des Vorabendprogramms sollten absolut rauchfrei sein.

Wie eine Gesprächsteilnehmerin betonte, sind Kinder unsere Zukunft – diesen Satz sollten auch eher uneinsichtige Raucher verstehen und beherzigen. Der Gesundheitsschutz von Kindern hat in der Gesellschaft an oberster Stelle zu stehen.

Neben diesen Punkten wird Pro Rauchfrei jedoch nicht seine bisherige Arbeit für eine deutschlandweit rauchfreie Gastronomie und für den Nichtraucherschutz an Arbeitsstätten vernachlässigen. Auch die Außengastronomie, Stadien, Konzerthallen und Wartebereiche im öffentlichen Nahverkehr sollen schrittweise rauchfrei werden; Appelle an die Rücksichtnahme von Rauchern und die Einrichtung von Nichtraucher- und Raucherbereichen stellen erste Schritte in diese Richtung dar.

Für den Nachmittag standen Rechenschafts- und Tätigkeitsberichte von Vorstand und Landesleitern, die Entlastung des alten sowie die Neuwahl des neuen Vorstandes und vereinsinterne Abstimmungen auf dem Programm. Wiedergewählt wurden Siegfried Ermer (Vorstandsvorsitzender) und Stephan Weinberger (Stellvertreter), neu in den Vorstand wurde Rainer Nickel gewählt, alle ohne Gegenstimmen.

Dem offiziellen Teil folgte der Kurzvortrag eines Mitglieds zur EU-Tabakrichtlinie, ihrer Entstehung, den mit ihr verbundenen Skandalen, dem derzeitigen Ergebnisstand und der Prozedur ihrer Endverhandlung und Umsetzung. Nach einem Meinungsaustausch darüber und Überlegungen zum Ort der nächsten Hauptversammlung (sie findet am 24./25. Oktober 2014 statt) endete die Tagung. Jedoch trafen sich einige Unentwegte danach noch in der Würzburger Altstadt zu einer geselligen Nachlese. Wie jedes Jahr ergeben sich aus der Hauptversammlung wichtige Aufgaben, eine davon ist die Suche nach einem festen Mitarbeiter für Mitgliederbetreuung und –gewinnung.

 

Blick auf die Weinberge bei der Jahreshauptversammlung 2013 in Würzburg