19.07.2013
An den Vorstand des
Stadtverbands Düsseldorf der
Alternative für Deutschland
Ihre Erklärung zum Nichtraucherschutz in NRW, zitiert in einem Beitrag im Düsseldorf-Blog vom 10.07.2013
Der Nichtraucherschutzverband Pro Rauchfrei e.V. protestiert gegen die irreführende und sachlich unrichtige Darstellung zum Thema Nichtraucherschutzgesetze in Nordrhein-Westfalen durch den AfD-Stadtverband Düsseldorf.
Sehr geehrte Vorstandsmitglieder des Stadtverbandes der AfD Düsseldorf,
Dass Sie den Grundgedanken des Nichtraucherschutzes befürworten, wie es zu Anfang Ihrer Erklärung heißt, muss bezweifelt werden.
Unerhört, ja geradezu verhetzend ist es, das Nichtraucherschutzgesetz (NiSchG) in Nordrhein-Westfalen als „radikale Nichtraucherschutz-Regelung“ zu bezeichnen. Es ist hier die Rede von einem mehrheitlich verabschiedeten Gesetz und nicht von einem diktatorischen Zwangserlass, wie Ihre Erklärung dies nahelegt. Ihr Wunsch, die Dinge zu belassen „so wie bisher auch“ lässt darüber hinaus nicht gerade das Grundanliegen der Gesamtpartei, eine Alternative für Deutschland zu sein, durchschimmern. Den von Ihnen geplanten Antrag auf dem nächsten AfD-Landesparteitag zur Durchsetzung Ihrer Position in der Gesamtpartei sollten Sie hinsichtlich seiner inhaltlichen Mängel und Irrtümer gründlich überdenken.
Im Einzelnen beruhen folgende Ihrer Schlussfolgerungen auf unzureichenden Informationen oder auf Irrtümern:
1. „Die im Hinblick auf die gesetzliche Regelung aus dem Jahr 2008 von Gastronomen durchgeführten Investitionen in Nichtraucherbereiche o. ä. sind damit nutzlos geworden“. Das ist mitnichten so: Gastbetriebe, in denen es schon vor dem 1. Mai 2013 Nichtraucherbereiche gab, haben sogar einen Wettbewerbsvorteil, da diese Bereiche höchstwahrscheinlich vorher entsprechend gereinigt und renoviert wurden und daher unappetitliche Tabakablagerungen an Wänden und Mobiliar beseitigt wurden. Somit ist eine derartige Gaststätte auch für nichtrauchende Gäste attraktiv.
2. „Selbst in offenen Stadien darf nicht mehr geraucht werden.“.
Eine kurze Hintergrundrecherche Ihrerseits hätte ergeben, dass dies schlichtweg falsch ist.
3. „Wenn nun trotz des funktionierenden Nichtraucherschutzes die Regeln so drastisch verschärft werden, geht es offenbar nicht mehr um Nichtraucher-Schutz, sondern um illiberale und intolerante Bevormundung und um einen massiven Eingriff in das grundgesetzliche Recht der Koalitions- und Versammlungsfreiheit. Diese Grundrechte gelten auch für Raucher, solange Nicht-Raucher dadurch nicht in Ihren Rechten beeinträchtigt werden.“
a) Selbstredend geht es in dem Gesetz zum Nichtraucherschutz, genau um ein Grundrecht, nämlich das der körperlichen Unversehrtheit nach Art. 2, Abs. 2. Der Neufassung des Gesetzes gingen schlechte Erfahrungen mit der Umsetzung des früheren Nichtraucherschutzes voraus, wie sie auch im Urteil des BVG von 2008 benannt sind: Ausnahmen seien schwer zu kontrollieren und würden geradezu zur Umgehung der Verbote einladen. In der Folge erklärte die Rechtsprechung Ausnahmeregelungen (z.B. Raucherclubs) auch für rechtswidrig, sodass eine Neuregelung des Gesetzes verpflichtend wurde.
b) Wenn Sie es als einen „massiven Eingriff in die Koalitions- und Versammlungsfreiheit“ betrachten, dass Rauchen in geschlossenen öffentlichen Räumen nicht mehr gestattet ist, sollten Sie zunächst einmal den Begriff „Koalitionsfreiheit“ nachschlagen, z.B. im Duden, damit Sie auch wissen, wovon Sie da reden. Weder die Koalitions- noch die Versammlungsfreiheit beschränkt ein Rauchverbot in der Gastronomie, da Raucher hier nirgends ausgeschlossen sind. Die Art, wie Sie sich den protestierenden Rauchern in NRW anbiedern wollen, schadet dem Ruf der Partei und schürt Zweifel an der Kompetenz ihrer Mitglieder.
4. „Es sollte jedem Gastronomen oder Veranstalter von Volksfesten selber überlassen bleiben, ob er in seinem Lokal eine Raucherzone einrichten will oder nicht, in der gewährleistet ist, dass Nicht-Raucher durch das Rauchen nicht belästigt werden. Dasselbe gilt für die komplette – und vor Betreten deutlich erkennbare – Widmung eines Lokals als Raucherlokal.“
Diese Möglichkeit war durch die frühere Gesetzeslage gegeben, wurde jedoch missbraucht. Aus Wettbewerbsgründen wagten es die wenigsten Gastronomen, das Rauchen zu untersagen, selbst wenn sie dies am liebsten der Gesundheit ihrer Angestellten wegen, gerne getan hätten. Von einem effektiven Nichtraucherschutz konnte keine Rede sein.
5. „Die Bürger bzw. Verbraucher können selber entscheiden, ob sie ein solches Lokal bzw. ein solches Volksfest besuchen wollen oder nicht. Sie brauchen keinen staatlichen Tugendwächter, der das für sie entscheidet.“
Hier kommen wir auf Ihren Eingangssatz zurück, sie würden den Grundgedanken des Nichtraucherschutzes befürworten. Die Stammtischparole: „Wenn dem Nichtraucher der Rauch nicht gefällt, kann er ja zu Hause bleiben“ zeigt das glatte Gegenteil.
6. Ein besonderes Augenmerk möchten wir noch auf Ihre Forderung richten, das Rauchen auch in abgetrennten Bereichen von Festzelten zuzulassen. Untersuchungen haben gezeigt, dass die Rauchbelastung im Nichtraucherbereich ähnlich hoch ist wie im Raucherbereich. Nachzulesen hier: http://www.krone.at/Oesterreich/Nichtraucherschutz_in_Lokalen_nicht_wirksam-Augenauswischerei-Story-361732. Dass eine solche Trennung in einem Zelt noch weitaus weniger wirksam sein kann als in einem geschlossenen Gebäude, bedarf keiner näheren Erklärung. Daher widerspricht Ihre Position den elementaren Anforderungen an einen wirksamen Schutz vor den Schäden durch Passivrauchen.
Wir erwarten von einer Partei, die sich für mehr Recht und Demokratie einsetzen will, dass sie die Gesundheit aller Menschen uneingeschränkt achtet und die Entscheidung des bayerischen Volkes in einem Volksentscheid respektiert. Denn wir sind sicher, dass die Mehrheit der Nordrheinwestfalen den Nichtraucherschutz als Gewinn von Freiheit, Recht und Gesundheit betrachtet. Zudem sollte eine Partei, die sich der Sachlichkeit verpflichtet fühlt, nicht auf Stammtischparolen und Populismus zurückgreifen.
Mit freundlichen Grüßen,
Pro Rauchfrei e.V., Der Vorstand