09.12.2011 Zwischen 2004 und 2008 sind Deutschlands Schulen gesetzlich rauchfrei geworden. Lehrern und Schülern ist seitdem das Rauchen im Schulgebäude und auf dem Schulgelände nicht gestattet. Auch die Einführung eines Raucherzimmers für Lehrer wurde 2010 vom Verwaltungsgericht Berlin eindeutig abgelehnt (AZ: VG 26 A 205.08): Der Erziehungsauftrag und damit die Vorbildfunktion von Lehrern für ihre Schüler hat Vorrang vor persönlicher Handlungsfreiheit.
So eindeutig die aktuelle Gesetzeslage auch ist, sie führt mitunter im Schulalltag zu kuriosen Bildern und paradoxen Situationen: Rauchende Schülerhorden blockieren Bürgersteige vor dem Schulzaun, sodass sich Passanten beschweren; zahlreiche Zigarettenstummel sammeln sich auf öffentlichen Gehwegen, was Anwohner empört; Lehrer verstecken sich zum Rauchen außer Sichtweite vor ihren Schülern auf dem Parkplatz; und volljährige Raucher sammeln sich in jeder Pause am Gebäudeeingang – dem Gesetz zum Trotz.
Rauchende Schülerhorden vor dem Schultor
Eine typische Situation beschreibt derLandesvertreter von Pro Rauchfrei in Bayern, selbst Familienvater zweier Kinder im Schulalter: Rauchende Schüler stehen vor dem Schultor, sodass alle anderen Schulmitglieder zwangsläufig an dieser Gruppe vorbeigehen müssen, um das Gelände zu betreten oder zu verlassen. „Und ich denke, dass von den 15-20 Rauchern, die dort täglich stehen, Minderjährige dabei sind“, erklärt er in Bezug auf die Schule seiner Kinder. Durch solche Situationen werden täglich an vielen Schulen in Deutschland Passanten belästigt, Bürgersteige blockiert und Autofahrer abgelenkt. Zudem kommen so nichtrauchende und minderjährige Schüler sehr einfach mit Zigaretten und Rauch in Kontakt, obwohl die Schulen das Etikett „rauchfrei“ tragen.
Als Elternteil bzw. Privatperson lässt sich nur schwer dagegen vorgehen: „Der Schulleiter beteuert, das Bestmögliche zu tun; das Kultusministerium sieht alles in bester Ordnung, solange nicht auf dem Schulgelände geraucht werde; und die Polizei hat keinerlei Handhabe gegen rauchende Schüler.“
Der Landesvertreter sprach schließlich selber mit den Raucherinnen und Rauchern am Tor und hoffte auf Einsicht. Das endete allerdings in einem milden Lächeln gegenüber dem Familienvater und später in spöttischen Kommentaren gegenüber seinen Kindern, die beide auf dieselbe Schule gehen. Aufsichtspflichtige, engagierte Lehrerinnen und Lehrer dürften ähnliche Erfahrungen gemacht haben, denn vielmehr als in das Gewissen der Raucher zu reden ist in akuten Alltagssituationen nicht machbar.
Die erste Zigarette im Schulalter
Warum insbesondere Kinder und Jugendliche im Schulalter vor Rauch und Zigaretten geschützt werden müssen, zeigt u.a. die Statistik: Zwar sinkt die Zahl der rauchenden Schüler seit 2001, doch die Neugierde auf das Rauchen ist besonders im Schulalter eines Kindes sehr groß. Laut Studien der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) liegt das Durchschnittsalter für die erste Zigarette zwischen 13 und 14 Jahren – und das seit Beginn der Studiendurchführung der BZgA im Jahre 1973! Psychologen der Technischen Universität Dresden fanden zudem heraus, dass wiederum jeder Dritte im ersten Jahr nach der „Probierzigarette“ in eine regelmäßige Nikotinnutzung übergeht. Wie also können Schüler besser im Schulalltag vor Nikotin geschützt werden?
Mehr Aufklärungsarbeit allein reicht in den Augen des Landesvertreters nicht aus. Er plädiert für eine Änderung der aktuellen Gesetzeslage, um minderjährige und nichtrauchende Schülerinnen und Schüler unmittelbar dann zu schützen, wenn passive Konsumsituationen im Schulalltag vorkommen: „Ein besserer Vollzug muss her. Es muss mir möglich sein, als Elternteil eine Privatperson, also die Schülerin oder den Schüler, direkt anzeigen und damit bestrafen zu können. Mit der jetzigen Gesetzgebung ist das ein Kampf gegen Windmühlen.“ In diesem Jahr nun versucht er über einen Einzug in den Elternbeirat der Schule ein Problembewusstsein und Lösungsansätze für das Thema anzuregen. Denn eine erneute Gesetzesänderung zum Thema „Rauchen in Schulen“ liegt wohl aktuell in weiter Ferne.