Derzeit hängen sie wieder in den Straßen – die froh wirkenden Plakate, die junge Menschen rauchend zeigen. In kaum einem anderen Land gibt es das. Ebenso wie die zahlreichen Tabakautomaten. Wir sind in Deutschland, dem Land der Tabaklobby, da ist das normal.
23.11.2011 Da verwundert es auch nicht, dass die Automaten in der Nähe von Schulen hängen und dass die Werbeplakate (siehe aktuelles Bild) mit Heranwachsenden entgegen den WHO-FCTC-Bestimmungen junge Leute zum Rauchen animieren können.
Lässt sich Nichtraucherschutz und insbesondere Kinderschutz einfordern bei gleichzeitiger Toleranz gegenüber Automaten und Werbung? Patrick Kast, Pro Rauchfrei Berlin meint dazu: NEIN!
„Pro Rauchfrei e.V. ist in der Vergangenheit gegen Tabakautomaten und Werbung eingetreten und wird dies auch weiterhin tun, wo dies notwendig ist. Allein durch Rauchverbote würden sich unsere Ziele – nachhaltiger Nichtraucherschutz in Gastronomie, in Wohnungen, an Arbeitsplätzen, in Sportstätten und auch der Schutz der Kinder – nicht erreichen lassen. Erfahrungen belegen: Die komplexen sozialen Zusammenhänge beim Thema Rauchen machen einen ganzheitlichen Ansatz nötig,.
Staaten wie Australien, Neuseeland oder Schweden machen es vor: Rauchen ist dort viel weniger präsent als bei uns. Gesetze für Nichtraucherschutz lassen sich viel leichter etablieren. Das ist auch verständlich: wo Automaten sind, ist auch Rauch. Zu jeder Tages- und Nachtzeit an fast allen Orten verfügbare Drogen, die fast so süchtig machen wie Heroin. Das ist Deutschland. Kinder besorgen sich Zigaretten mit geborgten Ausweisen. Werbung animiert gezielt und entgegen der internationalen Abkommen junge Leute zum Rauchen. Prävention sieht anders aus!
Solange Tabak überall derart präsent ist, wird sich in den Köpfen der Menschen nichts ändern. Vernünftige Nichtraucherschutz-Gesetze werden es schwerer haben, je mehr Raucher es gibt und je mehr Macht die Tabakindustrie und ihre Verbündeten haben. Und sie werden womöglich keinen Bestand haben. Will man nachhaltigen Bewusstseinswandel, Einsicht statt Rücksichtslosigkeit und Akzeptanz von Nichtraucherschutz-Regelungen, so muss man einen mehrgleisigen Ansatz wählen – und man muss vor allem sehen, was im Moment in der Gesellschaft leicht umzusetzen sein wird. Wofür gibt es Mehrheiten, die wir in unserem Sinne ausnützen können und müssen? Verbot von Werbung wird in der Gesellschaft nicht auf Widerstand stoßen – ebenso wenig ein Rauchverbot im Auto.
Bei Rauchverboten in privaten Räumen (siehe Kinderschutz) oder an bestimmten Orten im Freien sieht es schon ganz anders aus. Grundsätzlich ist Rauch zwar kein Problem, wenn er niemandem sonst schadet. Doch so einfach ist das eben nicht. Auch gibt es neben Prävention und Nichtraucherschutz die ökonomischen und ökologischen Schäden des Rauchens in die Waagschale zu werfen, die ebenso die ganze Gesellschaft zu tragen hat.
Schaden durch Rauch – das ist immer auch eine Frage der Konzentration. In Innenräumen ist diese grundsätzlich höher. Dort ist Rauch grundsätzlich nicht angebracht, auch wegen der krebserregenden Eigenschaften. Kein Arbeitnehmer hat es verdient, dies zu ertragen. Teure Lüftungsanlagen können das Problem nicht lösen. Junge Menschen haben es nicht verdient, im Nachtleben an nahezu allen Orten zwangsläufig den Abgasen mancher Rücksichtsloser ausgesetzt zu sein, nur weil die Gastwirte die Rache der Abhängigen oder „freiheitsliebenden Genussmenschen“ fürchten müssen und von der Politik Nachteile durch unsinnige Ausnahmen vom Rauchverbot beschert bekommen. Zum Rauchen kann man raus gehen – und das funktioniert in den meisten Ländern überwiegend wunderbar. Draußen muss Rauchen nur dort begrenzt werden, wo hohe Konzentrationen wieder anderen Menschen schaden würden. Politik hat die Pflicht, in der Gesellschaft angemessene, gerechte und funktionierende Regeln aufzustellen, damit es sozialen Frieden gibt und die Menschheit sich konstruktiv weiter entwickelt. Das bedeutet nicht zwangsläufig Verbote. Sondern es bedeutet, die Substanzen angemessen nach ihrem Suchtpotential, ihren Auswirkungen auf die Gesellschaft und nach den medizinischen Erkenntnissen zu reglementieren oder auch zu erlauben.