Wovor fürchtest Du dich?

11.03.2009  Rund 60.000.000 (Sechzig Millionen) Bundesbürger rauchen nicht. Wahrscheinlich gehörst Du dazu. Das sind mehr als 2/3 aller Bürger im Land – die überragende Mehrheit. Wie kommt es da, dass die Politik immer wieder zu Gunsten der Raucher entscheidet und uns, die Mehrheit, ignoriert?

Natürlich hat das etwas mit dem Geld der Tabakmafia zu tun, die gezielt an Politiker herantritt und sie mit allerlei Zuwendungen und Einladungen verhätschelt und für sich zu gewinnen versucht. Das alleine würde aber nicht ausreichen, wenn die so gekauften und bestochenen Politiker den Zorn der Wählerinnen und Wähler fürchten müssten oder mit lautstarken Demonstrationen konfrontiert würden.

Und hier wird es interessant: Die Tabakmafia instrumentalisiert gezielt und hochprofessionell Gastronomen und Raucher, indem sie Ängste schafft und schürt, aber auch mit in diesem Segment besticht, wo es nur geht – sei es durch kostenlos (oder kostengünstig) zur Verfügung gestellte Sonnenschirme oder Aschenbecher, aber auch mit Speisekarten und generellen Kostenzuschüssen, die gerade den Wirten zu Gute kommen, die schlecht wirtschaften und so derartigen Bestechungsversuchen gegenüber besonders zugänglich sind.

Den Rauchern wieder versucht man einzureden, dass das Rauchen in Kneipen, Bars und Restaurants etwas mit Freiheit zu tun hätte und Rauchverbote für gastronomische Einrichtungen gleichzusetzen sind mit totalen Rauchverboten (also Prohibition). Beides ist natürlich grober Unfug, da einerseits ein süchtiger Mensch immer ein Gefangener seiner Sucht ist und andererseits natürlich weiter gequalmt werden darf – nur eben draußen. Trotzdem funktioniert es, weil ein Süchtiger natürlich auch immer mit Entzugsängsten konfrontiert ist und sich deshalb einer potenziellen Bedrohung und einem Angriff auf seine person ausgesetzt sieht: Die subjektiv empfundene Freiheit wird eingeschränkt.

Die Folge dieser im Grunde recht einfachen Maßnahmen und flankierenden Operationen wie der Gründung und Unterstützung von Rauchervereinen und die Nutzung von Journalistenkontakten ist zweierlei Art: Einerseits bekommen Raucher mehr Raum in der Presse und Nichtraucher werden als böse Spielverderber dargestellt, andererseits treten Phänomene wie z.B. Fackelmärsche von Wirten auf, die schlechte Erinnerungen an dunkelste Epochen der deutschen Geschichte wecken – aber nichtsdestoweniger ihre Wirkung entfalten.

Das ist so, weil Politiker selten Einzelmeinungen oder stillem, also im für die Öffentlichkeit nicht sichtbaren Bereich (Briefe, Mails, Anrufe) stattfindenden, Protest einen hogen Stellenwert beimessen. Anders ist das, wenn der Protest offen zu Tage tritt und sich in Protestveranstaltungen, Kundgebungen und verstärkter Medienpräsenz manifestieren – je mehr, je kürzer das vor den Wahlen stattfindet oder der jeweilige Politiker wegen anderer Verfehlungen unter Beschuss ist.

Und nun kommen wir zum Kern der Sache: Warum ignorieren die Politiker die Masse der Nichtraucher, die ja mehr als 2/3 der Bevölkerung ausmachen? Ganz einfach: Die Masse schweigt. Und das Schweigen wurde schon immer in der öffentlichen Wahrnehmung und besonders in der Politik als Zustimmung gewertet – denn wer sich an etwas stört, hätte sich ja melden können.

Es fällt allerdings schwer zu glauben, dass die Mehrheit der Nichtraucher sich gerne in verqualmten Kneipen, Bars, Restaurants oder Discotheken aufhält. Grund genug, die Frage zu stellen, wovor diese vielen Menschen sich fürchten und auch, wovor Du dich eigentlich fürchtest?

Oft höre ich in Telefongesprächen und in Unterhaltungen als Begründung die Angst vor negativen beruflichen Konsequenzen, manchmal auch die Aussage, grundsätzlich keinem Verband angehören zu wollen und nicht selten den Kommentar, selbst keine Probleme zu haben, weil man ja nicht ausgeht. Die erschütterndste und – der geneigte Leser möge mir den harten Ausdruck verzeihen – mit Abstand dümmste aller Begründungen ist die Toleranz gegenüber Rauchern und die Scheu, als intolerant zu gelten.

Wie sieht es aber nun in der Realität aus – zum Beispiel am Arbeitsplatz?

Negative Folgen könnten zum Beispiel eintreten, wenn der Chef oder der Vorgesetzte selber Raucher sind oder wenn Kollegen, mit denen man im gleichen Büro sitzt, rauchen. Aber welcher Art sollten diese Probleme sein, wenn man offen dazu steht, nicht zu rauchen? Arbeitsrechtlich und disziplinarisch gibt es keine Handhabe und gegen das Zwangsmitrauchen am eigenen Arbeitsplatz kann man nach § 5 Arbeitsstättenverordnung (zur Not auch anonym) Anzeige erstatten. Mit den rauchenden Kollegen kann man in der Regel auch einen „Nichtangriffspakt“ aushandeln, indem man ihnen klarmacht, dass man nichts gegen deren Rauchsucht hat, aber sich den Qualm selbst verbittet. Ein sachlicher und gefestigter, selbstbewusster Standpunkt wird in der Regel akzeptiert – zumindest in mittleren bis größeren Unternehmen.

Anders sieht es z.B. bei Handwerkern oder sehr kleinen Unternehmen aus, wo der Unternehmer oft dem Glauben verfällt, allmächtiger König im eigenen Reich zu sein und nicht selten „unbequemen“ Angestellten latent oder direkt droht. Hier mag die Begründung eine sachliche Grundlage haben und man ist dann sicher besser beraten, sich entweder einen neuen Arbeitsplatz zu suchen oder sich zu arrangieren – das hindert doch aber nicht daran, sich stillschweigend zu organisieren und zu verbünden und die eigene Stimme – wenn schon nicht öffentlich – der Nichtraucherbewegung zu schenken.

Die Begründung, grundsätzlich keinem Verband beitreten zu wollen – oder schon in zu vielen Verbänden Mitglied zu sein – ist eine Schutzbehauptung, um fehlende Courage und mangelndes Selbstvertrauen zu übertünchen. Umso mehr, wenn die Mitgliedschaft selbst kostenlos ist und keine Verpflichtungen mit sich bringt.

Und wie stehts mit den Glücklichen, die selbst keine Probleme mehr haben? Es gibt ein Sprichwort: Wenn jeder an sich selbst denkt, ist an alle gedacht. Aber in der Praxis ist es anders. Wer heute keine Probleme mit dem Qualm hat, der wird sie vielleicht morgen oder übermorgen bekommen – und zwar deshalb, weil er  aus Ignoranz oder Egoismus seine Stimme der Nichtraucherbewegung vorenthalten hat – obwohl es dafür eigentlich keinen Grund gibt, weil die Stimme kostenlos und ohne Verpflichtungen gegeben werden kann.

Am Ende des Tages führen die vielfältigen Ausreden, die bei näherer Betrachtung wirklich nicht mehr als Ausreden sind, dazu, dass die wenigen gesetzlichen Vorschriften zum Nichtraucherschutz aufgeweicht und womöglich ganz beseitigt werden – die aktuelle Entwicklung in den Ländern spricht hier eine deutliche Sprache.

So weit hätte es aber gar nicht kommen müssen, wenn die Nichtraucher sich rechtzeitig verbündet hätten. Die gute Nachricht ist aber, dass es nie zu spät ist. Also worauf wartest Du noch? Wovor fürchtest Du dich?

Wir sind die Nichtraucher! Schließ dich an. Bei uns bist Du willkommen.