13.12.2008 Zigaretten sind ein beliebtes Schmuggelgut, weil vom Gesetzgeber bei vergleichbarer Profitmarge wesentlich mildere Strafen angedroht werden.
Es wird geschätzt, dass mindestens ein Viertel der weltweit exportierten Zigaretten bei der Einfuhr falsch oder gar nicht deklariert werden. Insgesamt gelangen auf diese Weise zwischen 6 und 8,5 Prozent der weltweit hergestellten Fabrikzigaretten auf den Schwarzmarkt. Es wird davon ausgegangen, dass der Zigarettenschmuggel im Zeitraum 1990 bis 1995 um 73 Prozent angestiegen ist.
Etwa ein Drittel der weltweit als Exportware ausgeführten Zigaretten werden beim Import nicht mehr als solche deklariert. Dies entspricht einem Schwarzmarkt von 355 Milliarden Zigaretten, die größtenteils wieder illegal an Verbraucher in Hochsteuerländer verkauft werden. Ein Markt mit einem solch großen Volumen bedarf krimineller Organisation und einer vorausschauenden Planung für die ständig fluktuierenden Vertriebswege, wobei die Ware zur Verschleierung möglichst häufig den Besitzer wechselt. Es wird angenommen, dass ein Container mit 10 Millionen unversteuerten Zigaretten für etwa 200.000 US-Dollar käuflich zu erwerben ist. Der Steuerwert dieser Schmuggelware beträgt unter Einbeziehung von Verbrauchs-, Mehrwert-, und Einfuhrsteuern mindestens eine Million US-Dollar im europäischen Binnenmarkt. Dies erklärt auch, warum selbst Kosten für weltumspannende Transaktionen mit hohen Transportkosten von den Schmugglern getragen werden können.
Zu den Ländern mit besonders hohem Schmuggelaufkommen gehört neben Großbritannien, Spanien, Portugal und Italien auch Deutschland. Der durchschnittliche Deutsche – inklusive Nichtraucher und Kinder – kauft 21 Schachteln unversteuerte illegale Zigarettenschachteln im Jahr. Das Finanzamt geht davon aus, dass in Deutschland alleine durch den Zigarettenschmuggel ca. eine halbe Milliarde Euro an Tabaksteuereinnahmen verloren gehen. Jeder zwanzigste vom deutschen Finanzminister eingenommene Euro bzw. 5,5 Prozent des Gesamtsteueraufkommens stammen aus den Einnahmen der Tabaksteuer.
Die Hersteller der Tabakprodukte verdienen auch am illegalen Absatz, da sichergestellte Ware vernichtet und durch Neuproduktion ersetzt wird. Ehemals vertrauliche interne Dokumente mehrerer Hersteller sind im Rahmen von Gerichtsprozessen in den Vereinigten Staaten der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden. Aus diesen Dokumenten geht eindeutig hervor, dass die Firmen aktiv im transnationalen Zigarettenschmuggel involviert waren. Die Zigarettenhersteller nutzen den Schmuggel zur Umgehung von Marktbeschränkungen und Tabaksteuern und der Manipulation von Marktanteilen zu ihren Gunsten.
Der Sinn der Tabaksteuer ist die Reduzierung des Tabakkonsums. Wenn weniger Tabak konsumiert wird, leiden und sterben weniger Menschen an Krankheiten, deren Ursache vermeidbar gewesen wäre. Und weil dadurch unsere sozialen Sicherungssysteme und die Finanzierung des Gesundheitswesens geschont werden, profitieren alle Mitglieder einer Gesellschaft von weniger Tabakkonsum. Die aus den zusätzlichen Steuern eingenommenen Einkünfte tragen ebenfalls zur Finanzierung des Staatshaushaltes bei.
Es wird oft behauptet, Steuererhöhungen würden zu mehr Schmuggel führen. In der Tat gelangen jedoch mehrere Studien zu dem Ergebnis, dass kein solcher Zusammengang besteht. So kommt das Deutsche Krebsforschungszentrum in Heidelberg zu folgendem Schluss: „Weder führen hohe Tabaksteuern ursächlich zu Zigarettenschmuggel, noch ist eine Absenkung des Steuerniveaus eine wirksame Methode der Schmuggelbekämpfung.“
Interessanterweise zeigen Studien und Erfahrungsberichte aus mehreren Wohlstandsländern, dass Steuererhöhungen selbst dann noch höhere Einnahmen und weniger Tabakkonsum zur Folge haben, wenn das Schmuggelproblem bereits ein beträchtliches Ausmaß erreicht hat. Die Ablehnung von Steuererhöhungen mit der Begründung, dass diese keine zusätzlichen Einnahmen für den Staat brächten oder keine messbaren Konsumrückgänge herbeiführen könnten, ist daher falsch. Nur der geringste Teil des weltweiten Schmuggels mit Tabakwaren wird von Privatleuten für den Eigenbedarf betrieben. Eher müsste man aktiv gegen Kriminelle vorgehen, die häufig in organisierten Netzwerken den Transit der Schmuggelware überhaupt erst ermöglichen. Außerdem gilt es, die beträchtlichen finanziellen Anreize der illegalen Aktivitäten durch die Harmonisierung der Steuergesetzgebung zu entschärfen. Wenn die Stange Zigaretten in Krakau nur wenige Euro preiswerter ist als in Berlin, sinken die Profitmargen unter ein für organisierte Verbrecher attraktives Niveau.
Auch wird behauptet, die Einführung höherer Tabaksteuern führe über Konsumrückgänge zum dauerhaften Verlust von Arbeitsplätzen im Inland. Der Fehler dieser Argumentationskette liegt in der Annahme, weniger Rauchen führe zu weniger Konsum insgesamt. Die mitsinkende Raucherquote zeigt jedoch einen positiven Effekt für das Konsumverhalten im jeweiligen Land. Dies ist eigentlich auch logisch, schließlich wird Geld, das früher in Zigaretten „investiert“ wurde, nun für andere Waren und Dienstleistungen ausgegeben. Die inländischen Arbeitsplätze, die durch Steueranhebungen in der Tabakindustrie verloren gehen, werden also durch Nachfrageverschiebungen in andere Branchen ausgeglichen.
Eine bedeutende Hürde auf dem Weg zur effektiven Schmuggelbekämpfung besteht in der Gewinnbeteiligung der Tabakkonzerne an den illegalen Vertriebswegen. Hier fehlen derzeit oftmals noch Anreizsysteme, welche die Firmen dazu animieren, im eigenen Interesse legal zu handeln. Eine Möglichkeit besteht darin, Zigarettenschachteln und andere Produktverpackungen mit individuellen Kennnummern zu versehen, die eine spätere Rückverfolgung vereinfachen. Diese könnten auch dazu genutzt werden, die Wertschöpfungskette vom Verteiler, über den Großhändler und die verschiedenen Exporteure auszumachen.